Eine Semla ist ein traditionelles schwedisches Hefegebäck, gefüllt mit einer marzipanähnlichen Creme und reichlich Schlagsahne, mit Puderzucker bestreut und serviert in einem tiefen Teller, der mit heißer Milch gefüllt ist. Mmmh, sagen so manche Lesenden jetzt. Uff, sagen die anderen.
König Adolf Friedrich von Schweden gehörte der Mmmh-Fraktion an. Bis zum Februar 1771 zumindest. Da wurden ihm die Semlor (so die Mehrzahl) zum Verhängnis. Nach einem Festmahl mit Hummer, Kaviar, Sauerkraut, geräucherten Heringen und Champagner gönnte er sich zur Nachspeise eine Semla. Dann noch eine. Und noch eine. Und dann noch weitere elf. Danach aß er – nun ja – nie mehr etwas. Wenn uns die Welthistorie also einen Ernährungstipp geben will, dann: 14 Semlor sind wohl zu viel. Oder etwas allgemeiner: Wenn der werte König etwas bewusster und mit gesundem Menschenverstand an die Sache rangegangen wäre, hätte seine Regentschaft wohl etwas länger gedauert.
Gesundheit und Wohlbefinden
„Bewusst, abwechslungsreich und mit gesundem Menschenverstand genießen – das ist tatsächlich der erste Rat, wenn es um das Thema Ernährung geht“, sagt Sophia Hauser, Referentin für Gesundheitsförderung bei der vivida bkk. „Empfehlungen, beispielsweise die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), bieten hier eine sehr gute Hilfestellung. Sie zeigen, in welche Richtung es gehen sollte, wenn man die Gesundheit in den Fokus stellt.“
Gleichzeitig ist der Begriff bewusst gewählt: Es heißt Empfehlung und eben nicht Grundsatz oder Richtlinie. Man müsse nicht morgens, mittags, abends jede Mahlzeit krampfhaft in ein Schema pressen, damit am Ende die exakten Vitamin-, Kalorien- und Nährstoff-Zahlen auf dem Papier stimmen. Denn auch unter dem Drang, sich ständig gesund ernähren zu müssen, können Menschen leiden. „Essen – und gerade eine gesunde Ernährung – kann und soll uns Freude bereiten und Wohlbefinden schenken.“
Ernährung ist individuell
Klar ist: Den einen perfekten Ernährungsplan gibt es nicht. Alter, Geschlecht und zahlreiche weitere Faktoren wie die tägliche körperliche Aktivität oder individuelle Unverträglichkeiten und Vorerkrankungen spielen schlicht eine zu große Rolle, als dass man einen allgemeingültigen Plan erstellen könnte. Schwangere haben beispielsweise einen höheren Bedarf an bestimmten Nährstoffen und müssen auf einige rohe Produkte verzichten. Leistungssportler setzen je nach Sportart auf einen anderen Nährstoffmix. Kinder und Jugendliche, die wachsen und sich viel bewegen, haben einen verhältnismäßig höheren Energie- und Nährstoffbedarf. Personen, die körperlich tätig sind, brauchen mehr Energie als der Büromensch, der acht Stunden vor dem Bildschirm sitzt. „Es geht darum, zu verstehen: Was brauche ich und was tut mir gut?“, sagt Hauser. „Da kann es individuelle Unterschiede geben. Die Ernährungsempfehlungen sind dennoch passende Leitplanken, die zeigen, was in jedem Fall zu einer gesunden Ernährungsweise gehört: Sich möglichst abwechslungsreich zu ernähren, viel Gemüse und regelmäßig Obst zu essen, öfter auf Vollkorn- statt auf Weißmehl zu setzen – davon profitiert eigentlich jeder.“ Zum bewussten Essen gehöre aber auch, sich Zeit zu nehmen und mal genau hinzuschauen: Was habe ich heute eigentlich auf dem Teller? Esse ich das oft? Tut mir das gut?
Von klein auf gesund
Zwei Stichworte, die beim Thema Essen – aus gutem Grund – immer öfter fallen, sind: regional und saisonal. Noch vor einigen Jahrzehnten mussten die Menschen darauf nicht extra hingewiesen werden: Es gab zu essen, was vor Ort (vielleicht sogar im eigenen Garten) wuchs oder was der Wochenmarkt zu bieten hatte. Heute gibt es im November Erdbeeren, eingeflogen aus Marokko. Viele greifen zu – ohne lange zu überlegen. „Ich denke schon, dass ein großer Teil der Gesellschaft erst wieder lernen muss, bewusst zu essen“, sagt Ulrike Westphal-Geiger vom Kinderschutzbund Fulda. Sie ist Mitbegründerin der Initiative BIG „bunt is(s)t gesund – regional ist genial“, die Grundschulkinder beim Thema Ernährung begleitet. Das Konzept für die Initiative, die unter anderem von der vivida bkk unterstützt wird, hat Westphal-Geiger gemeinsam mit einer Pädagogin und einer Ernährungswissenschaftlerin entwickelt. Im Frühjahr dieses Jahres ist BIG beim startsocial-Wettbewerb als eine der 25 besten Sozialinitiativen des Landes von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgezeichnet worden.
Einmal Grashüpfer auf Algentoast, bitte!
Was wir heute auf den Tellern haben, ist kaum vergleichbar mit dem, was unsere Vorfahren noch aßen: Vor rund 500 Jahren hatten die Deutschen etwa noch nie etwas von einer Kartoffel gehört und die Italiener kannten keine Tomaten. Heute gehören diese Lebensmittel zum Kulturgut der jeweiligen Länder. Umso spannender ist der Blick in die Zukunft. Ein paar Kandidaten für den Speiseplan von morgen gibt es schon: Beispielsweise Insekten, die immerhin von einem Viertel der Menschheit heute schon gegessen werden. Sie haben einen hohen Nährwert und sind nachhaltig.
Im Gegensatz zu Kuh und Schwein lassen sie sich auch in der Stadt problemlos züchten. Algen und Seegräser kommen in Zukunft wahrscheinlich ebenfalls vermehrt auf den Tisch. Auch sie sind reich an Proteinen und Kohlenhydraten und haben eine hervorragende CO2- Bilanz. Nicht zuletzt wird auch Laborfleisch wichtiger werden: Dessen Weiterentwicklung hinsichtlich Farbe, Textur und Geschmack läuft rasant. Das Gute: Wem das alles nicht zusagt, der kann natürlich auch weiterhin zu Kartoffeln und Tomaten greifen.
Aktiv und interaktiv
„Von der ersten bis zur vierten Klasse lernen die Kinder in regelmäßig stattfindenden Modulen, wie gute Ernährung aussieht“, erklärt Westphal-Geiger. „Dabei geht es dann um Fragen wie: Welche Bedeutung haben die Herkunft oder die Zubereitung von Lebensmitteln für das Wohlbefinden des Menschen? Oder: Welche Rolle spielen tierische Produkte für unsere Gesundheit und die Umwelt?“
Statt auf Frontalunterricht setzt das Team auf Aktion und Interaktion: Es gibt beispielsweise Ausflüge zum Bauernhof („Ach so, Ziegen geben auch Milch!“) oder in den Schrebergarten („Nanu, die Tomaten tragen ja gerade gar keine Früchte!“), man kocht gemeinsam („Ich kannte Mais nur aus der Dose.“) und geht in den Supermarkt und einen Unverpackt-Laden („Stimmt, warum ist sonst immer Plastik drumherum?“).
Zur letzten Einheit kochen die Kinder ein großes Festessen, zu dem auch die Eltern eingeladen sind. „Das Wichtigste: Die Kinder sprechen mit. Wenn die Kleinen etwas entscheiden, machen sie sich Gedanken darüber – und schon ist ein Bewusstsein für Essen da“, sagt Westphal-Geiger.
10 Tipps der DGE
Vollwertig essen und trinken
Wer gut und ausgewogen isst, fördert seine Gesundheit, bleibt leistungsfähig und steigert sein Wohlbefinden. Zehn Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE):
1. Die Lebensmittelvielfalt genießen: Möglichst abwechslungsreich essen.
2. Fünfmal am Tag zu Obst und Gemüse greifen.
3. Vollkorn wählen: Bei Brot, Nudeln und Co. ist Vollkorn die bessere Wahl.
4. Mit tierischen Lebensmitteln (in Maßen) die Essensauswahl ergänzen.
5. Gesundheitsfördernde (vor allem pflanzliche) Fette und Öle nutzen.
6. An Zucker und Salz sparen.
7. Ausreichend trinken, am besten Wasser und kalorienfreie Getränke wie ungesüßte Tees.
8. Essen schonend zubereiten: So lange wie nötig und so kurz wie möglich garen.
9. Achtsam essen: Mahlzeiten wollen genossen werden.
10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben, denn: Gesunde Ernährung und ausreichend körperliche Aktivität gehören zusammen.
Gesünder leben
MACH ES!
Gesund, aktiv und nachhaltig leben: Unsere Gesundheitskampagne „MACH ES!“ auf Instagram gibt Anregungen zu den Themen Ernährung, Bewegung und gesunder Lebensstil. Folgen Sie uns auf Instagram unter @maches.gesund und lesen Sie hier im Online Magazin unsere MACH ES!-Artikel. Jeden Monat gibt es neue interessante Artikel für Sie.
Die Umwelt im Blick
Bewusstsein für das, was auf dem Teller ist. Dazu gehört immer stärker auch der Blick auf die Nachhaltigkeit von Lebensmitteln: Müssen die Erdbeeren im Winter oder das tägliche Stück Fleisch wirklich sein? Oder kann man sie ersetzen durch etwas genauso Nahrhaftes und Leckeres, was am Ende eine bessere Umweltbilanz hat?
„Auch hier geht es vor allem darum, sich bewusst zu machen: Woher kommt das Essen eigentlich? Wie ist es hergestellt worden?“, sagt Sophia Hauser von der vivida bkk. „Durch einen bewussten und achtsamen Umgang mit unserer Ernährung können wir nicht nur unserer eigenen Gesundheit etwas Gutes tun, sondern auch unserem Planeten.
Und trotzdem gilt: Niemand muss zwingend auf ein Lebensmittel verzichten – hier ist das Maß und der bewusste Umgang mit den Lebensmitteln entscheidend.“ Es spricht also nichts dagegen, sich ab und zu mal einen Pudding zu gönnen. Oder eine Bratwurst mit Ketchup. Oder eine Semla. Es müssen ja nicht gleich 14 sein.
Bio ist nicht gleich bio
Die Begriffe „Bio“ und „Öko“ sind in der EU rechtlich geschützt. Das bedeutet: Hersteller dürfen sie (und Abwandlungen wie „aus ökologischem Anbau“ oder „aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft“) nur nutzen, wenn die angebotene Ware den EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau entspricht. Manche Hersteller verwenden Begriffe wie „aus natürlichem Anbau“, „umweltschonend“ oder „kontrolliertes Naturprodukt“. Doch diese Begriffe sind nicht geschützt und garantieren deswegen keine Bio-Qualität. Was mehr Aufschluss geben soll, sind Bio-Siegel, aber auch hier lohnt es sich, genau hinzuschauen. Denn die Siegel haben unterschiedliche Vorgaben. Ein kleiner Überblick:
Darüber hinaus gibt es Dutzende weitere – sinnvolle, aber auch irreführende – Siegel. Ein genauer Blick darauf, was die Kriterien sind und wer das Siegel verleiht, ist in jedem Fall hilfreich. Mehr Informationen zu den unterschiedlichen Labeln, Siegeln und Gütezeichen im Handel unter: www.siegelklarheit.de