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Soziale Medien

Sind soziale Medien gut für Jugendliche? Jein, sagen die Sozial- und Medienpädagogen Katharina Meyer und Felix Rudolph-von Niebelschütz. Worauf Eltern achten sollten. 

Zwei junge Frauen schauen auf ein Smartphone.

Wann kommen Kinder heutzutage das erste Mal mit sozialen Medien in Kontakt?
Katharina Meyer (KM): Zum ersten passiven Kontakt mit Social Media kommt es meist schon im Kindergartenalter. Mit fünf oder sechs Jahren besitzen Kinder noch kein eigenes Gerät, aber bekommen die Social-Media-Nutzung der Eltern im Alltag natürlich mit. Eltern leben ihren Kindern schon früh den Umgang mit sozialen Medien vor – hier mal ein Foto hochladen, dort mal über ein Video oder Meme lachen. Bereits in der fünften Klasse besitzen rund 90 Prozent aller Kinder ein eigenes Smartphone – in diesem Alter kommt es dann meist auch zu einer aktiven Nutzung mit eigenen Social-Media-Accounts.

Ab welchem Alter ist die Nutzung von Social Media aus Ihrer Sicht denn angemessen?
Felix Rudolph-von Niebelschütz (FN): Das lässt sich nicht pauschal sagen. Auch rechtlich gibt es da keine eindeutige Regelung: Das Jugendschutzgesetz spricht sich zwar für ein Mindestalter auf Social Media aus, allerdings handelt es sich hierbei nur um eine Empfehlung. Die meisten Plattformen geben 13 Jahre als Mindestalter an. Wichtig ist die Frage, ob ein Kind beziehungsweise Jugendlicher in der Lage ist, potenzielle Gefahren zu erkennen und mit diesen umzugehen. Die Antwort hängt also stark von der Entwicklung und geistigen Reife des Nachwuchses ab. Grundschüler sind aber in jedem Fall noch zu jung.

KM: Soziale Medien werden von Erwachsenen für Erwachsene entwickelt. Eltern sollten ihre Kinder also dabei unterstützen, sich in diesem Kosmos zurechtzufinden. Ähnlich wie bei Fernsehserien oder Büchern, die nicht speziell für Kinder und Jugendliche gemacht sind, sollten Eltern ein Gespür dafür entwickeln, ob ihre Kinder mit den Inhalten umgehen können. Bei vielen ist das ab etwa 13 oder 14 Jahren der Fall.

Social Media ist nicht das echte Leben!

Was muss bei der Anmeldung auf Social Media beachtet werden?
KM: Eltern sollten die Anmeldung gemeinsam mit den Kindern durchführen. Dabei kann man den Kindern bereits wichtige Grundlagen vermitteln: Melde dich möglichst nicht mit deinem Klarnamen an, stelle dein Profil auf „privat“, nutze ein komplexes Passwort und stelle ein, wer dir alles private Nachrichten schreiben kann. Wichtig dabei ist, den Kindern den Grund für diese Maßnahmen zu erklären.

Wie können Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder soziale Netzwerke sicher nutzen?
FN: Das eine sind die angesprochenen Privatsphäreneinstellungen bei der Anmeldung. Das andere ist, dass die eigenen Kinder immer das Gefühl haben sollten, über alles, was sie erleben, mit ihren Eltern sprechen zu können. Das betrifft auch Erfahrungen auf Social Media. Damit sich Kinder ihren Eltern öffnen, muss auf Augenhöhe kommuniziert nwerden. Eltern sollten Interesse am Social-Media-Konsum ihrer Kinder zeigen: Warum folgen sie bestimmten Influencern? Was begeistert sie daran? Wichtig ist es, nicht vorverurteilend an die Sache heranzugehen und das nötige Feingefühl zu haben. Als Elternteil muss man ein Let’s-Play-Video eines Computerspiels nicht interessant finden. Aber es gibt Gründe für ein ernsthafteres Gespräch – beispielsweise, wenn die konsumierten Inhalte extremistisch oder menschenverachtend sind. Heimlich die Internetaktivität zu kontrollieren, empfehlen wir auf keinen Fall. Das ist ein großer Vertrauensbruch und führt nur dazu, dass Jugendliche ihre Aktivitäten geheim halten – also auch ihre Ängste, Sorgen und Bedenken.

Ein Mann sitzt mit einem Jungen auf dem Asphalt. Der Sohn sitzt auf einem Ball. Der Junge hat ein Smartphone in der Hand, beide schauen in das Smartphone.
Sprechen Sie mit Ihren Kindern über Social Media.

Weitere Infos zur kindersicheren Einstellung auf Social Media f inden Sie hier: www.medien-kindersicher.de

Welchen Gefahren sind Jugendliche auf Social Media am häufigsten ausgesetzt?
FN: Eine der größten Gefahren auf Social Media ist das sogenannte Cybergrooming. Das bezeichnet das manipulative Vorgehen einzelner Erwachsener, über soziale Netzwerke langsam  Vertrauen zu Minderjährigen aufzubauen, um sie sexuell auszunutzen.

KM: Eine andere Gefahr besteht in der sogenannten digitalen Desorientierung. Während der Pubertät formt sich die Persönlichkeit der Jugendlichen. Das ist eine Phase, in der man sich oft mit anderen vergleicht und unsicher ist im Hinblick auf das eigene Aussehen oder den Charakter. Auf Social Media sehe ich dann oft das perfekte Leben der Influencer, sprich teure Reisen an die schönsten Ecken der Welt, harmonische Beziehungen und perfekte Körper. Das kann vor allem Jugendliche auf Sinnsuche stark beeinflussen. Aber es gibt auch ein paar Influencer, die das Thema kritisch betrachten und auf ihren Social-Media-Plattformen zur Sprache bringen.

Auch hier spielen die Eltern eine wichtige Rolle, indem sie ihren Kindern ein gutes Selbstwertgefühl vermitteln und über solche unrealistischen Ideale sprechen – auch ohne Traumurlaub auf Bali.

FN: Ein weiteres Problem kann außerdem Cybermobbing sein – von anonymen Beleidigungen bis zu gezielten Diffamierungen in der Klassen-Chatgruppe. Auch hier gilt es, ein offenes Ohr zu haben.

Welche anderen Auswirkungen haben soziale Medien auf die Gesundheit der Kinder – körperlich, mental und sozial?
FN: Es gibt ein Phänomen, das sich „Fear of Missing Out“ nennt, auch FOMO genannt. Es beschreibt die Angst, etwas zu verpassen. Das gibt’s gleichermaßen im Internet und im realen Leben: Wenn man Influencern oder Freunden auf Instagram zusieht, wie sie beispielsweise teures Essen oder neue Klamotten zur Schau stellen, kann das eine Lebensunzufriedenheit auslösen.

Schließlich möchte man diese Lebenserfahrungen nicht verpassen. Wenn man aber nicht auf Instagram ist, verpasst man vielleicht den einen Post seines Lieblingsstars. Und wenn man zur Geburtstagsfeier von Freund A geht, verpasst man vielleicht die coole Übernachtungsparty bei Freund B. FOMO verursacht Stress und anhaltender Stress wirkt sich negativ auf unsere mentale und körperliche Gesundheit aus. KM: Zudem spielt Social Media mit dem Belohnungszentrum unseres Gehirns. Beim Scrollen durch Inhalte schüttet unser Gehirn das Glückshormon Dopamin aus. Denn die kurzen Videos belohnen uns mit schneller Unterhaltung. Ewiges Weiterscrollen kann auf die Dauer aber ein Gefühl der inneren Leere hinterlassen, weil dieses Glücksgefühl nur eine kurzweilige Zerstreuung ist.

Wie können Eltern ihre Kinder auf den verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Medien am besten vorbereiten?
FN: Durch Regulierung und Begleitung. Die Regeln sollten bereits im frühen Kindesalter festgelegt und von den Eltern vorgelebt werden – beispielsweise, indem das Handy beim Essen beiseitegelegt wird oder man während eines Gesprächs nicht auf das Smartphone schaut. Wenn Jugendliche mit zwölf oder 13 Jahren in eine Phase kommen, in der sich ihre Nutzungsart verändert, haben sie bereits gewisse Regeln verinnerlicht und kennen sie von ihren Eltern. Ein generelles Verbot ist nicht sinnvoll, weil dann die Möglichkeit besteht, dass sich Kinder heimlich auf Social Media anmelden. Dadurch haben Eltern keinen Einfluss mehr auf das Internetverhalten ihrer Kinder.

KM: Die Motivation hinter den Regeln sollte aus Sicht des Kindes immer nachvollziehbar sein. Die Eltern sollten also schon früh mit ihren Kindern darüber sprechen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. Wir raten den Eltern zudem, lieber ein Wochen- statt Tagespensum für die Bildschirmzeit zu definieren. So gibt man seinen Kindern den nötigen Freiraum, sich den Medienkonsum eigenverantwortlich über die Woche einzuteilen.

Zwei Menschen mit langen Haaren liegen auf dem Rücken auf einem Bett und halten jeweils ein Smartphone in der Hand.

Stellen soziale Medien also eine große Gefahr dar?
FN: Grundsätzlich erstmal nicht, denn sie haben auch viele gute Seiten. Ich kann beispielsweise mit der Freundin, die in eine andere Stadt gezogen ist, leichter in Kontakt bleiben.  Interessanterweise steht „Freunde treffen“ in der jährlich erscheinenden „JIM-Studie“ seit 20 Jahren ganz oben bei den Freizeitaktivitäten. Soziale Medien haben Jugendliche also nicht unsozialer gemacht – aber die Kommunikationswege haben sich verändert.

KM: Wie bei anderen Medien sollte man auch hier Schwarz-Weiß-Denken vermeiden. Social Media gehört zu unserem Alltag dazu. Wichtig ist es vielmehr, das Nutzungsverhalten zu hinterfragen – und mit den eigenen Kindern darüber im Austausch zu bleiben.

Die Köpfe hinter dem Interview

Die Medien-, Sozial- und Erlebnispädagogin Katharina Meyer und der Diplom-Sozialpädagoge Felix Rudolph-von Niebelschütz engagieren sich für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang von Jugendlichen in den sozialen Netzwerken.

Weitere Infos zum Thema Bildschirmzeit finden Sie hier: www.schau-hin.info/bildschirmzeiten

Digitaler Elternabend

In zahlreichen Video-Einheiten unseres Angebots „Digitaler Elternabend“ erfahren Sie mehr über gesunde Handynutzung und darüber, wie Social-Media-Plattformen wie TikTok oder Instagram funktionieren. Unsere Kundinnen und Kunden erhalten sechs Monate lang kostenfreien Zugang zu allen Video-Tutorials: www.vividabkk.de/digitaler-elternabend

Ein roter Kreis mit einem weißen Herzsymbol in der Mitte vor einem schlichten weißen Hintergrund.
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