Wenn der Kopf eine Pause braucht
Ausgabe 03/25
Stress, ständige Erreichbarkeit und hoher Leistungsdruck: „Entspann dich mal“ lautet dann oft der Rat. Aber wie geht das eigentlich?
Aufstehen, Handy checken. Schnell einen Kaffee zum Wachwerden. Zähne putzen, anziehen, ab zur Arbeit. Sprung von Ter- min zu Termin, von Aufgabe zu Aufgabe: Acht Stunden können wie im Flug ver- gehen. Oh, hoppla, jetzt waren es heute doch wieder neun. Nach Hause fahren. Unterwegs einen Döner, weil es schneller geht, und dann endlich auf die Couch. Fernseher an. Oder noch Hausaufgaben machen mit den Kindern. Zähne putzen, ab ins Bett. Morgen steht ja wieder einiges an.

„Regelmäßiger Termindruck, ständige Erreichbarkeit und ein hoher Leistungsdruck führen bei vielen Men schen dazu, dass sie sich im Alltag selten mit ihren eigenen Bedürfnissen ausein andersetzen“, sagt Dominik Busch, Referent für Gesundheitsförderung bei der vivida bkk. Vor allem Personen zwischen 14 und 34 Jahren verspüren laut der Studie „Zukunft Gesundheit 2024“ der vivida bkk den Druck, auch nach den offiziellen Arbeitszeiten noch erreichbar zu sein – das verhindert vollständiges Abschalten. „Langanhaltender Stress und fehlende Pausen wirken sich negativ auf die körperliche und mentale Gesundheit der Menschen und auf ihr allgemeines Wohlbefinden aus.
Das reicht beispielsweise von Erschöpfung und Schlafstörungen bis zu chronischer Erschöpfung und Herzproblemen“, sagt Busch. Im hektischen Alltag suchen viele Menschen in ihrer Freizeit dann zum Ausgleich die passive Unterhaltung und scrollen durch Social Media oder schauen fern, anstatt nach bewusster Entspannung zu suchen. Die Informationsflut, die dann beim „Abschalten“ in Form von Videos und Bildern am Fernseher oder Smartphone auf uns einprasselt, ist für das Gehirn allerdings keine echte Entspannung: Denn das Gehirn arbeitet weiter und muss die vielen Informationen verarbeiten. Wie kann man für mentale Balance und Momente der Entspannung sorgen? Ist das überhaupt notwendig, auch wenn man sich gar nicht überfordert fühlt?

Entspannung ist kein Luxus
„Entspannung ist kein Luxus, sondern ein biologisches Grundbedürfnis, damit wir im Gleichgewicht sind“, sagt Busch. Wenn wir im Stressmodus sind, steigt der Spiegel des Stresshormons Cortisol, dadurch erhöht sich die Herzfrequenz und die Muskelspannung. „Das ist sinnvoll für Situationen, in denen wir schnell auf Gefahren reagieren oder in kurzer Zeit viel leisten müssen“, erklärt Busch. Weniger sinnvoll ist es dagegen als Dauerzustand, der dem ganzen Körper schadet.
„Wenn wir richtig entspannen, wird der Parasympathikus aktiviert, also der Teil unseres Nervensystems, der den Stoffwechsel steuert und auch für die körperliche Erholung und Regeneration zuständig ist“, erklärt der Gesundheitswissenschaftler. Entspannung ist kein „passives Abschalten“ im Sinne „geistiger Betäubung“, sondern ein Zustand, der aktiv oder bewusst herbeigeführt wird – etwa durch Bewegung, Achtsamkeits- übungen, bewusste Ruhepausen oder sinnstiftende Tätigkeiten.

Dominik Busch
hat Soziale Arbeit und Gesundheitswissenschaften studiert mit dem Fokus auf Prävention und Gesundheitsförderung
und ist ausgebildeter Kursleiter für Entspannungsprogramme. Bei der vivida bkk berät er Unternehmen in der Gesundheitsförderung.
„Entspannung sieht für jeden Menschen unterschiedlich aus: Wer harte körperliche Arbeit voll- bringt, möchte vielleicht mit künstlerischen Tätigkeiten, Yoga oder Lesen abschalten und dem Körper erlauben, sich zu regenerieren. Wer hingegen viel sitzt und Denkarbeit leistet, kann Sport treiben oder spazieren gehen, um einen Ausgleich herzustellen“, erklärt Busch. Es geht immer darum, Körper und mentale Gesundheit in Balance zu bringen. Die Effekte dieser Ausgeglichenheit sind durchweg positiv: Verbesserte Stimmung, ein stärkeres Selbstwertgefühl, gedankliche Entlastung, besserer Schlaf, ein stärkeres Immunsystem und ein gesünderes Herz sind nur ein kleiner Teil der möglichen Folgen effektiver Entspannung.
Wer regelmäßig etwas für sich selbst tut, geht also gesünder durchs Leben. Dabei können selbst festgelegte Entspannungszeiten oder Termine in Sport- und Hobbygruppen helfen. „Wichtig ist, dass die Aktivität im Kalender keinen zusätzlichen Stress verursacht: ‚Eigentlich muss ich noch …‘ ist kein guter Ausgangspunkt für Entspannung“, betont Busch. Deswegen sollte die Aktivität vor allem Spaß bereiten und ein Highlight sein, auf das man sich freut. „Am besten einfach verschiedene Dinge ausprobieren“, rät der Experte. Sport oder Hobbys, bei denen wir alle anderen Themen, die uns beschäftigen, ausblenden können, helfen uns, neue Perspektiven anzunehmen. „Bewusste Pausen können uns auch bei schwierigen Entscheidungen helfen – indem wir uns gedanklich davon entfernen und den Abstand gewinnen, den wir zum klaren Denken brauchen. Das Sprichwort ‚Eine Nacht lang drüber schlafen‘ vermittelt genau diesen Gedanken“, erklärt Busch.
Die Kraft der Gemeinschaft
Doch nicht nur mentale und körperliche Faktoren können der Entspannung im Wege stehen: Eine Studie von Forschenden der Universität von Chicago zeigt, dass Menschen mit einem Mangel an sozialen Kontakten zu einem höheren Stressniveau und psychischer Belastung neigen. Die Forschenden erklären das durch unsere Evolution als soziale Wesen: Menschen konnten früher nur in der Gruppe überleben. Wer allein ist, tendiert daher auch heute noch dazu, sich angreifbarer zu fühlen. Vor allem Senioren, chronisch kranke Menschen und Arbeitslose gehören dabei zur Risikogruppe.
Ehrenamtliche Tätigkeiten können helfen: Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, sind zufriedener, weniger schnell gestresst und oft sogar gesünder – das zeigt eine Metastudie aus Großbritannien, die die sozialen, mentalen und körperlichen Effekte von ehrenamtlicher Arbeit untersucht hat. Damit lassen sich gleich zwei Dinge auf einmal angehen: Die gesteigerte Selbstwirksamkeit wirkt sich positiv auf das mentale Wohlbefinden aus und eine gemeinschaftliche Aktivität befriedigt gleichzeitig unsere sozialen Bedürfnisse. Denn wir streben nach sozialer Interaktion, Akzeptanz und Gruppenzugehörigkeit: ehrenamtliches Engagement kann alle diese Punkte erfüllen.
„Bei der Ausübung des Ehren- amtes lernen wir neue Menschen kennen, die sich für das gleiche Anliegen einsetzen. So fällt es uns leicht, neue Beziehungen zu knüpfen und an gemeinsamen Zielen zu arbeiten“, so Busch. Auch hier gilt: Jeder Mensch ist unterschiedlich. „Für die einen ist es der Erfolg als Mannschaft im Sport, für andere vielleicht auch der Einsatz eher im Hintergrund, beispielsweise in der Organisation von Veranstaltungen“, sagt Busch. Viele Vereine und Organisationen suchen händeringend nach Mitgliedern und ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen, daher bieten viele Städte und Gemeinden Portale zur Vermittlung an. Es gibt in Deutschland sehr viele Möglichkeiten, um sich zu engagieren: von Bürgerinitiativen, Patenschaften, (Sport-)Vereinen, Seniorenhilfe, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk, Diakonie, Caritas und anderen kirchlichen Einrichtungen, Tierschutz, Sanitätsdiensten – und noch vielem mehr.
Was ist Resilienz?
Ein wichtiger Faktor dabei, wie gut wir mit Stress und Rückschlägen umgehen können, ist die Resilienz. Die lässt sich trainieren: Die Kampagne „Mach dich unkaputtbar“ vom BKK Landesverband Bayern bietet einen breiten Werkzeugkasten, um die eigene Resilienz zu stärken. Mehr Informationen finden Sie in diesem Artikel und auf der Website: www.mach-dich-unkaputtbar.de/vividabkk
Das passende Ehrenamt finden
Auf der Suche nach einer passenden und sinnstiftenden ehrenamtlichen Tätigkeit? Diese Anlaufstellen können helfen:
Freiwilligenarbeit.de
Ein Portal, auf dem gemeinnützige Vereine und Organisationen nach frei- willigen Helfern suchen – auch international. Filtermöglichkeiten helfen bei der Suche nach der passenden Stelle. www.freiwilligenarbeit.de
Bundearbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e. V.
Der Zusammenschluss der Freiwilligen- agenturen in Deutschland hilft zusammen mit seinem Agenturatlas, eine lokale Vermittlungsstelle zu finden. Über 200 Agenturen sind Mitglied, die Auswahl ist also entsprechend groß! www.bagfa.de
Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt
Die Stiftung setzt sich für das Ehrenamt in Deutschland ein. Sie unterstützt Organisationen durch Beratungs- und Förderangebote und gibt hilfreiche Tipps. Für Freiwillige gibt es außerdem verschiedene Angebote, die den Ein- stieg erleichtern sollen. www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de
Unterstützung vom Arbeitgeber
Doch auch die Arbeit spielt eine wesentliche Rolle für unser mentales Gleichgewicht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbringen einen Großteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz. „Deswegen fördern immer mehr Unternehmen aktiv auch die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden“, sagt Busch, der bei der vivida bkk Unternehmen bei der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) berät. Denn entspannte Mitarbeitende sind produktiver, kreativer und gesünder.
Die Angebote zur Gesundheitsförderung reichen dabei von Achtsamkeitstrainings über Bewegungskurse bis zu Kooperationen mit externen Coaches. „Viele Arbeitgeber ermöglichen mittlerweile auch flexible Arbeitszeiten, sodass sich beispielsweise Beruf und Familie besser vereinen lassen“, sagt Busch. „Gleichzeitig muss man hier aber aufpassen, auch wirklich abzuschalten, und ein gesundes Gleichgewicht aus Arbeit und Freizeit finden – oder modern ausgedrückt: eine gute Work-Life-Balance.“ Auch die sieht wieder für jede und jeden anders aus. Man muss sich eben nur mal entspannen.

Gesund am Arbeitsplatz
Wir unterstützen Sie mit vielfältigen Informationen und Angeboten zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in Unternehmen. Nutzen Sie unsere Tipps, die sich einfach umsetzen lassen – oder nehmen sie unsere Kurse und Workshops in Anspruch. Mehr Informationen finden Sie unter: www.vividabkk.de/bgf
Mentale Balance
In der Balloon-App finden Sie den Online-Gesundheitskurs „Stress- reduktion durch Achtsamkeit“. Wenn Sie diesen innerhalb von sechs Monaten absolvieren, ist die Teilnahme für Sie kostenfrei und Sie erhalten nach Kursabschluss weitere sechs Monate Zugriff auf die gesamte Balloon-App. Mehr Informationen: www.vividabkk.de/balloon
Das richtige Entspannungs-Hobby finden
Entspannung ist vielseitig. Einige können beim Joggen den Gedanken freien Lauf lassen, andere gehen lieber ausgiebig spazieren. Viele Aktivitäten können zum mentalen und körperlichen Gleich- gewicht beitragen. Die richtige für sich zu finden, kann ein langer Prozess sein. Deswegen gibt es hier eine Starthilfe – vielleicht ist ja das Passende dabei?
Noch mehr Ideen finden Sie in diesem Artikel.

Eine sehr intensive, funktionelle Trainingsmethode: Das Ziel ist es, den Körper ganzheitlich zu stärken und gleichzeitig Ausdauer, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Koordination zu verbessern. HIT-Einheiten bestehen oft aus alltagsnahen Übungen, die viele Muskelgruppen ansprechen, wie Kniebeugen oder Klimmzüge. Sie werden in einem bestim- mten Zeitrahmen mit möglichst hoher Intensität ausgeführt – meistens in kleinen Gruppen, was die Motivation steigern kann.
Ein kreatives Hobby, bei dem aus kleinen Kunstharzsteinen schillernde Bilder entstehen. Dabei sind die Bilder meist auf bedruckten Klebefolien vorgegeben und in nummerierte Felder eingeteilt, um ihnen Farben zuordnen zu können – ähnlich wie beim Malen nach Zahlen. Mit einem speziellen Stift werden die „Diamanten“ dann auf den vorgesehenen Stellen platziert, bis ein buntes Gesamtbild entsteht.


Auch Gartenarbeit kann erholsam sein und das Stressniveau deutlich senken. Der Kontakt mit der Natur, frischer Luft und Licht wirkt stimmungsverbessernd und fördert das aktive Wahrnehmen der Umgebung. Gärtnern wirkt zudem sinnstiftend, da das Umsorgen der Pflanzen ein Verantwortungsgefühl erzeugen kann. In vielen Städten gibt es Gemeinschaftsgärten, sodass man auch soziale Kontakte knüpfen kann.
Spielgeräte wie das Diabolo oder Jonglierbälle stellen koordinative Herausforderungen dar, bei denen sich die Grundbewegungen schnell erlernen lassen und die auch nach jahrelanger Übung noch Potenzial für neue Tricks bieten. Ähnlich wie beim Stricken können die Übungen den „Flow“-Zustand hervorrufen.


Entspannung:
z. B. Meditation, Spaziergang, kreatives Tun
--> Wirkt regenerativ auf Körper und Psyche
--> Senkt Puls, Muskeltonus, Stresshormone
--> Führt zu Klarheit und Gelassenheit
Gesundheitskurse
Weitere Möglichkeiten zur Entspannung bieten Gesundheitskurse. Mehr Infos unter: www.vividabkk.de/gesundheitskurse und www.vividabkk.de/online-gesundheitskurse